zurück zur Übersicht

29.12.2006 | Brief an die deutsche Bundesregierung

von Gabi Uhl, Mitglied von Initiative gegen die Todesstrafe e.V.und ALIVE - Koalition gegen die Todesstrafe e.V.

Sehr geehrte Damen und Herren,ich gehe davon aus, dass die Wiedergabe in den Medien korrekt ist: Thomas Steg, Vize-Regierungssprecher, habe gestern geäußert, dass es keine Hinweise gebe, dass der Prozess gegen Saddam gegen Rechtstaatlichkeit verstoßen habe.

Diese Äußerung setzt in meinen Augen ein völlig falsches Signal, weil sie den Eindruck erweckt, die Bundesregierung habe die Rechtstaatlichkeit des Verfahrens im Detail untersucht und sei so zu diesem Ergebnis gekommen. Dabei ist jedem auch nur halbwegs informierten Bürger bekannt, dass namhafte Menschenrechtsorganisationen aus guten Gründen die Fairness des Prozesses massiv bezweifeln - was durch die Medienberichterstattung hier in Deutschland während des Prozesses gestützt wird.

Auch die Feststellung, man könne das Verfahren nur zur Kenntnis nehmen, habe aber keine Mittel, die Hinrichtung Saddams zu verhindern, wirkt auf mich übervorsichtig und rückgratlos. Selbst wenn in der Sache richtig, kann man doch deutlicher etwas verurteilen, indem man z.B. 'aufs Schärfste protestiert' oder auf mögliche Folgen für Beziehungen zwischen Staaten verweist.

Statt dessen erwecken die in den Medien zitierten Aussagen des Vize-Regierungssprechers den Eindruck: 'Wir sind zwar gegen die Todesstrafe, aber wir halten uns lieber raus und machen uns die Hände nicht schmutzig, weil man ja ohnehin nichts machen kann.' Man kann sich die Frage stellen, ob - wer sich dieser Gestalt äußert - tatsächlich gegen eine Hinrichtung Saddams ist.

Ich bin enttäuscht, dass die Bundesregierung nicht klarer Stellung bezieht gegen das Todesurteil und die Hinrichtung Saddams. Wie die Berichterstattung in den Medien über die Reaktion anderer europäischer Regierungen zeigt, findet man in unseren Nachbarländern klarere Aussagen und Zeichen, die das Strafmaß für Saddam nicht erst verurteilen und dann wieder halbwegs relativieren.

Jenseits von Recht und Gerechtigkeit, vielleicht auch von Rechtstaatlichkeit, - wäre es nicht gerade angesichts des alltäglich hundertfachen Mordens und Tötens im heutigen Irak ein notwendiges Signal, auf den Vollzug des Todesurteils bewusst zu verzichten? Und sollte die Bundesregierung nicht, falls sie das ebenso sieht, dies in aller Deutlichkeit zum Ausdruck bringen?? Mit freundlichem Gruß

Gabi Uhl

Initiative gegen die Todesstrafe e.V. | www.initiative-gegen-die-todesstrafe.de

zurück zur Übersicht