09.10.2008 | Japan: Die Mühlen der Justiz mahlen unermüdlich....
Mit dem im Mai startenden Laienrichtersystem werden Schöffen Todesurteile aussprechen müssen. Obwohl die Mehrheit der Einwohner Japans für die Todesstrafe ist, wurden bisher Details zur Todesstrafe unter Verschluß gehalten. Nun zeigen ein paar Artikel etwas darüber, wie die Todesstrafe angewandt wird:
Justizminister Kunio Hatyama unterzeichnete am 13. Juni, nachdem er sich die Fälle ein paar Tage zuvor angesehen hatte, drei Hinrichtungsbefehle. Einer hiervon war für Tsutomu Miyazaki, der vier junge Mädchen getötet hatte.
Am Morgen des 17. Juni wurde Miyazaki und den anderen Gefangenen das Frühstück wie gewöhnlich um 7.25 Uhr gebracht.
Tomomitsu Niimi, ein Aum-Mitglied in einer gegenüberliegenden Zelle im Todestrakt berichtete später einem Brieffreund, dass man erkennt, wenn jemand zur Vollstreckung abgeholt wird - das seien stets Gefängnisangestellte, die sonst nicht mit der Versorgung der Todestrakthäftlinge zu tun haben. Dann würden auch alle persönlichen Gegenstände eingepackt und weggebracht.
Ein ehemaliger Gefängnisangestellter sagt, dass aus diesem Grund die meisten Gefangenen erst im Moment, wenn sie aus der Zelle geholt werden, erkennen, dass sie nun hingerichtet werden. Auf dem Weg zum Hinrichtungsraum werden die Gefangenen in einem Warteraum durch den verantwortlichen Gefängnisdirektor offiziell von ihrer bevorstehenden Hinrichtung informiert. Japanische Süßigkeiten, früchte und heißer Tee werden dem Gefangenen angeboten. Er kann darum bitten, dass der Gefängnisgeistliche ihm geistigen Beistand gewährt.
Der Hinrichtungsraum im Tokyoer Gefängnis ist durch blaue Vorhänge in zwei Hälften unterteilt. In der Nähe er Wand stehen ein Altar, eine Buddastatue und ein Kreuz. Auf der anderen Seite des Raumes hängt ein drei Zentimer dickes Seil und eine quadratische, ca. 110cm große Holzklappe, die sich auf Knopfdruck öffnet, ist im Boden eingelassen.
Nach Quellenangaben wurden Miyazaki die Augen verbunden und seine Hinrichtung ging ruhig vonstatten.
Als die Hinrichtung der drei Gefangenen bekannt gegeben wurde, fragte sich Maiko Tagusai, die Anwältin von Miyazaki, ob sie einen Fehler gemacht hatte. Als im Februar in Japan Leute hingerichtet wurden, befürchtete sie, ihr Mandant könne auch demnächst hingerichtet werden.'Wir sollten uns mit einem Antrag beeilen. Zu der Zeit befanden sich 104 im Todestrakt und die Vollstreckungen erfolgen in der Reihenfolge, wie die juristischen Möglichkeiten ausgeschöpft worden sind.' Das Todesurteil ihres Mandanten war im Februar 2006 endgültig und sie rechnete damit, dass er sich im Mittelfeld der nächsten Hinrichtungskandidaten befinden könnte. Es schien ihr - und anderen-, alle 2 Monate gehe es an die nächste Handvoll Kandidaten, das übte ziemlich Druck auf die Verurteilten und ihre Anwälte aus, die ungeschickterweise oft dann Revisionsanträge mit Begründungen einreichen, die zuvor bereits ablehnend beschieden wurden. Zeitlich rechnete sich Mizayakis Anwältin Tagusari etwas mehr aus, sie plante, dass Ende Juli der Antrag im Zusammenhang mit geistiger Zurechnungsfähigkeit erstellt werden könne, aber 4 Tage nach Unterzeichnung der Hinrichtungsbefehle wurde ihr Mandant am 17. Juni bereits getötet. Ein erfahrener Verteidiger hatte für eine Reihe von Todeskandidaten (die das anziehende Hinrichtungstempo bemerkt hatten) Anträge auf Amnestie eingereicht, bis diese ihre Sache mit neuen Begründungen weiter von der drohenden Hinrichtung entfernen könnten. Derartige Anträge blockieren zunächst den Verurteilten und andere rücken dann in der Reihenfolge auf.
Auch in Japan sieht die Strafprozessordnung vor, dass Menschen nicht hingerichtet werden dürfen, die geistig behindert sind oder die Bedeutung ihres Urteils nicht verstehen.
Anwältin Tagusari reichte im Mai ein Schreiben ein, wonach sie einen Revisionsantrag für Miyazaki ausarbeite, das zog aber nicht. Es scheint nämlich nun die Meinung zu entstehen, dass das bloße Einreichen eines Antrags nicht mehr automatisch zur Verzögerung der Vollstreckung führen sollte. Ein Beamter des Justizministeriums sagte, vielleicht sei die Zeit gekommen, die Gepflogenheiten zu ändern, da eine Vollstreckung offenbar tatsächlich durch diese Formalität ausgesetzt werden könne.
Initiative gegen die Todesstrafe e.V. | www.initiative-gegen-die-todesstrafe.de