07.08.2012 | Colorado: Todesstrafenanwendung nicht verfassungskonform
Drei Juraprofessoren haben eine Untersuchung vorgestellt, wonach in Colorado die Forderung nach der Todesstrafe in der Mehrheit der Mordprozesse gerechtfertigt wäre, diese jedoch so selten beantragt werde, dass die Strafjustiz in diesem Bundesstaat als willkürlich und damit nicht verfassungskonform gelten müsse.
Zu einer Zeit, da die Staatsanwaltschaft in Arapahoe County erwägt, die Todesstrafe für James Eagan Holmes, den mutmaßlichen Attentäter der Kino-Morde in Aurora, ins Spiel zu bringen, stellt diese Schlussfolgerung der Professoren die Rechtsprechung bei Kapitalverbrechen komplett in Frage. Die Untersuchung wurde von den Anwälten eines Angeklagten angestoßen, Edward Montour droht die Todesstrafe. Einer der Verteidiger Montours bezeichnete die Studie als bahnbrechend.
Nur wenn ein Angeklagter des vorsätzlichen Mordes schuldig gesprochen wurde, sowie ein erschwerender Umstand hinzukommt, kann in Colorado als Strafmaß die Todesstrafe beantragt werden. Die Juraprofessoren stellten für die erstmals für diesen Bundesstaat durchgeführte Studie eine Liste aller Strafsachen mit Tötungsdelikten zwischen 1999 und 2010 zusammen und filterten diejenigen heraus, bei denen es sich um vorsätzliche Mordfälle handelte.
Bei den 544 Mordfällen mit Vorsatz aus diesem Zeitrahmen wiesen 92 Prozent auch wenigstens einen erschwerenden Umstand auf, der die Beantragung eines Todesurteils begründet hätte. Doch nur in 15 Prozessen erklärten die Staatsanwälte die Absicht, die Todesstrafe zu fordern, und lediglich in fünf der Fälle taten sie dies letztendlich. Das entspricht eine Quote von einem Prozent aller in Frage kommenden Strafsachen.
In ihrem Bericht kommen die Durchführenden der Untersuchung zum Ergebnis, dass in Colorado zwar viele Angeklagten die Bedingungen für ein Todesurteil erfüllen, doch fast niemand werde auch tatsächlich zum Tode verurteilt. Da nun also die erschwerenden Umstände so selten in diesem Bundesstaat in Todesurteilen mündeten, stelle die Verhängung im Einzelfall einen Verstoß gegen den Achten Zusatzartikel der Verfassung dar, welcher grausame und ungewöhnliche Bestrafung untersagt.
Bei den Juraprofessoren handelte es sich um Justin Marceau und Sam Kamin von der juristischen Fakultät der University of Denver sowie Professorin Wanda Foglia von der Rowan University. Die Mittel für die Studie hatten Montours Verteidiger bereitgestellt. Auf der Grundlage der Ergebnisse wollen diese nun das Anberaumen der Urteilsverkündung gerichtlich verhindern und die Anwendung der Todesstrafe in Colorado für nicht verfassungsmäßig erklären lassen.
Montour hatte sich schuldig bekannt, Eric Autobee vom Department of Corrections getötet zu haben, gegen Ende des Jahres könnte das Urteil verkündet werden.
Quelle: Denver Post
Initiative gegen die Todesstrafe e.V. | www.initiative-gegen-die-todesstrafe.de