23.09.2012 | Deutschland/USA: Keine deutsche Beteiligung an Hinrichtungen
Mit Unterstützung durch die Menschenrechtsorganisation Reprieve hat der in Hessen ansässige Pharmakonzern Fresenius Kabi kürzlich seine Exportbestimmungen verändert, um so der Nutzung des Narkosemittels Propofol für Hinrichtungen in den USA vorzubeugen.
Aufgrund von Schwierigkeiten bei der Beschaffung der bisher eingesetzten Medikamente hatte der US-Bundesstaat Missouri Propofol als künftiges Tötungspräparat vorgesehen, nun wird dieses bislang noch nie für solche Zwecke eingesetzte Mittel durch eingegrenzte Vertriebswege von legalen Lieferungen an Gefängnisbehörden ausgeklammert.
Angesichts der allgemein knappen Bestände an den diversen Hinrichtungsstoffen hätte das vielfältig einsetzbare Propofol, das eines der am häufigsten verwendeten Narkosemittel weltweit ist, Aussichten gehabt, auch bei der Vollstreckung der Todesstrafe in den USA künftig eine primäre Rolle zu spielen.
Fresenius Kabi beschreitet damit einen ähnlichen Weg wie zuvor schon der dänische Pharmakonzern Lundbeck, der sein bereits mehrfach bei Hinrichtungen in den USA eingesetzte Mittel Pentobarbital inzwischen strengen Vertriebskontrollen unterzieht.
Beide europäischen Konzerne wurden in ihrer grundsätzlichen Ablehnung, unfreiwillig bei der Durchführung der Todesstrafe beteiligt zu werden, von Reprieve bestärkt. Die Organisation, die sich unter anderem für die Abschaffung der Todesstrafe weltweit engagiert, unterbreitete Vorschläge, wie Lundbeck und nun Fresenius rechtswirksam eine legale Belieferung von Gefängnisbehörden unterbinden können.
Derzeit ist Fresenius Kabi der einzige in den USA zugelassene Anbieter von Propofol, dem Vernehmen nach könnte jedoch auch Hospira demnächst wieder lieferfähig sein. Hospira war noch bis vor wenigen Jahren der einzige Lieferant für Natrium-Thiopental, das in den gesamten USA fast ausschließlich als erstes der drei Hinrichtungsmittel verwendet wurde, bis Lieferschwierigkeiten geltend gemacht wurden. Erst aufgrund dieser Engpässe begannen die Gefängnisbehörden, sich nach alternativen Medikamenten umzusehen.
Mehrere Bundesstaaten mussten geplante Urteilsvollstreckungen bis auf weiteres aufschieben und haben seither ihre Vorschriften für den Ablauf von Hinrichtungen, das sogenannte Hinrichtungsprotokoll, vollständig umgeschrieben. Einige dieser Staaten sehen außerdem nunmehr die Überdosierung eines einzigen Mittels vor. Dadurch verlängert sich auch die Dauer ab erster Verabreichung bis zur Feststellung des Todes von durchschnittlich acht bis zehn auf ca. 20 bis 25 Minuten.
Obwohl Hospira das Medikament in seiner italienischen Niederlassung hätte produzieren können, strich das Pharmaunternehmen Thiopental schließlich ungeachtet anderweitiger Verwendungszwecke sogar vollständig aus seinem Programm und betonte erneut, es lehne ab, seine Produkte für das Töten von Menschen statt für die Verbesserung ihrer Gesundheit verwenden zu lassen. Italien hatte von Hospira eine Garantie gefordert, dass Thiopental nicht für die Exekution von Häftlingen in die USA geliefert werde.
Die EU überarbeitet momentan ihre Anti-Folter-Verordnung. Ob Propofol dann auf den Index gesetzt wird, ist laut der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton noch unklar.
Quellen: Initiative gegen die Todesstrafe, taz, Spiegel, Süddeutsche
- Links:
taz.de/Fresenius-beschraenkt-Propofol-Verkauf/!101425/
www.sueddeutsche.de/wissen/todesstrafe-deutsche-firma-boykottiert-hinrichtungen-in-den-usa-1.1465838
www.nytimes.com/2011/03/31/world/europe/31iht-letter31.html
Initiative gegen die Todesstrafe e.V. | www.initiative-gegen-die-todesstrafe.de