18.07.2012 | Georgia: Kurzer Aufschub für Warren Hill
Die für den heutigen Mittwoch angesetzte Exekution des geistig Behinderten Warren Hill, 52, wurde auf kommenden Montag verschoben, dies gab gestern die Gefängnisbehörde bekannt.
Des weiteren kündigte der Beauftragte der Gefängnisbehörde an, die Hinrichtung werde mit nur einem Medikament erfolgen statt wie bisher mit drei. Per sofort werde man Todesurteile in Georgia ausschließlich mit dem Barbiturat Pentobarbital vollstrecken.
Warren Lee Hills Anwälte hatten für ihren Mandanten ein Gesuch eingereicht, das Todesurteil in lebenslänglich umzuwandeln, dazu erfolgte letzten Freitag eine Anhörung. Inzwischen hat der zuständige Begnadigungsausschuss dies jedoch lapidar abgelehnt, ebenso den Antrag auf einen 90-tägigen Hinrichtungsaufschub.
Hill, der eine lebenslange Haftstrafe für den Mord an seiner Freundin 1986 verbüßte, erschlug 1990 seinen Zellenmitbewohner und erhielt dafür die Todesstrafe. Sein Intelligenzquotient liegt dem Vernehmen nach bei knapp 70. Im Verlauf seiner beiden Todesstrafenprozesse wurden die Geschworenengruppen allerdings nicht informiert über Hills Lernschwächen von klein auf, und auch nicht über seinen niedrigen IQ-Wert.
Mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA in der Sache 'Atkins v. Virginia' 2002 wurde festgelegt, dass in den USA kein Mensch mit geistiger Behinderung hingerichtet werden darf. Die Auslegung der Entscheidung blieb dabei allerdings den einzelnen Bundesstaaten überlassen, fast überall gelten Personen mit einem IQ von 70 oder darunter als geistig behindert.
Demzufolge dürfte Georgia Hill nicht hinrichten, ebensowenig wie Texas den Todestraktinsassen Yokamon Laneal Hearn, dessen geringe geistige Fähigkeiten ihn eigentlich vor der Exekution bewahren müssten. Hearn soll heute abend in Texas hingerichtet werden.
Christof Heyns, der UN-Sonderberichterstatter für außergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen, bezeichnete die geplanten Urteilsvollstreckungen an Hearn und Hill als "Verstoß gegen Schutzvorkehrungen im Zusammenhang mit der Todesstrafe" und forderte dazu auf, ihre Urteile in Haftstrafen umzuwandeln.
Paradoxerweise hatte Georgia als erster Bundesstaat 1988 die Exekution von Häftlingen mit Lernbehinderung verboten. Andererseits erwartet Georgia, dass die Behinderung des Straftäters "über jeden berechtigten Zweifel hinaus" nachgewiesen werden muss, um ihn vor der Hinrichtung zu verschonen. Dieser Zusatz "beyond a reasonable doubt" erwies sich als die höchste Hürde aller Bundesstaaten in den USA.
Das Büro des Justizministers von Georgia gab die Erklärung ab, den Rechtsvertretern Hills sei es nicht gelungen, hinreichend zu beweisen, dass der Angeklagte geistig behindert sei. Dabei hatte 2002 sogar ein Richter Hill für "geistig behindert" befunden - der Oberste Gerichtshof von Georgia hob dies jedoch 2003 wieder auf.
Der letzte verzweifelte Versuch von Hills Anwalt Brian Kammer ist ein Gesuch an den Obersten Gerichtshof. Kammer erklärte, eine Hinrichtung seines Mandanten verletze nicht nur moralische Grundwerte, sondern auch bundesstaatliche und Bundesgesetze. "Diese schändliche Entscheidung verletzt moralische Werte Georgias und unserer Nation und macht verfassungsrechtliche Schutzvorkehrungen von Staat und Bund bedeutungslos, mit denen Menschen mit geistigen Defiziten vor unrechtmäßiger Hinrichtung geschützt werden sollten."
Quellen: Associated Press, Reuters, International Business Times, dpa, Spiegel
- Links:
www.spiegel.de/panorama/justiz/georgia-verschiebt-hinrichtung-von-geistig-behindertem-a-845005.html
Initiative gegen die Todesstrafe e.V. | www.initiative-gegen-die-todesstrafe.de