24.05.2012 | Missouri: Propofol wird neues Hinrichtungsmedikament
Vergangenen Donnerstag gab Missouri überraschend bekannt, Todesurteile künftig durch eine Überdosis des Präparats Propofol vollstrecken zu wollen. Das Mittel wurde bislang vor allem bei Operationen zur Anästhesie verwendet.
Nachdem so gut wie jeder US-Bundesstaat mit Todesstrafe die Knappheit von chemischen Präparaten zu spüren bekam, möchte Missouri nun einen ganz eigenen Weg beschreiten. Missouri konnte nach der letzten Hinrichtung im Februar 2011 das gemäß Hinrichtungsprotokoll erforderliche Anästhetikum nicht beschaffen. Seit 1989 wurden alle 68 Todesurteile mit drei Präparaten durchgeführt, das erste war stets Natrium-Thiopental.
Die geänderten Vorschriften für Exekutionen dürften nun die Rechtsvertreter von Todesstrafenhäftlingen auf den Plan rufen, da Propofol - auch als Diprivan bekannt - für solche Zwecke noch nicht eingesetzt wurde.
Gleichzeitig mit der Änderung der Vorgehensweise wurde bekannt, dass der Oberste Gerichtshof von Missouri von Justizminister Chris Koster aufgefordert wurde, Hinrichtungstermine für 19 Häftlinge festzusetzen. Koster erklärte, es gebe nunmehr keine Hindernisse mehr, Urteilsvollstreckungen zu blockieren.
Das Department of Corrections gab nicht preis, wann oder auf welche Weise das Medikament beschafft wurde.
Dem Vernehmen nach werden bei Exekutionen 2 Gramm Propofol injiziert, etwa die 10-fache Menge, die man für die Narkose eines Patienten mit etwa 100 kg Körpergewicht benötigt. Das Mittel wird von einem Arzt, einer Schwester oder Pharmazeuten vorbereitet, der auch den intravenösen Zugang legt. Die Injektion wird von Angestellten der Behörde ausgelöst.
Propofol ist bis dato nicht für Hinrichtungen erprobt. Darüber hinaus befürchten einige Kritiker Probleme, da das schriftliche Protokoll von Missouri nicht voraussetzt, dass ein Arzt dem Hinrichtungsteam angehört. Jonathan Groner, ein Chirurg des Ohio State Universitätsklinikums, der sich eingehend mit tödlichen Injektionen befasst hat, warnt davor, dass unsachgemäße Anwendung des Medikaments insbesondere durch andere Personen als Anästhesisten oder Ärzte das Misslingen einer Hinrichtung zur Folge haben kann. Die betäubende Wirkung hält in der Regel nur wenige Minuten an. Falls die Dosierung nicht stimmt und die Atemmuskeln nur kurzzeitig gelähmt werden, überlebt der Häftling und laut Vorschrift müsste die Prozedur wiederholt werden.
Mittlerweile sehen drei Bundesstaaten nur noch ein Medikament für Hinrichtungen vor: Arizona, Missouri und Ohio, drei weitere haben mehrere Varianten im Programm. Zuletzt gab es in Arizona Bedenken zu dieser Methode, als der 63-jährige Thomas Arnold Kemp während seiner Exekution bei der Verabreichung der tödlichen Dosis Pentobarbital mehrere Sekunden lang zitterte.
Quelle: McClatchy Newspapers, Associated Press
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