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03.11.2012 | Pakistan: Vorwurf Blasphemie - Hexenjagd der Neuzeit

Wird in Pakistan jemand der Beleidigung des Propheten Mohammed bezichtigt, kann er zwar dafür offiziell die Todesstrafe erhalten, doch bisher wurde diese noch nicht deswegen vollstreckt. Die weitaus direktere Gefahr droht durch Lynchjustiz, der schon Dutzende Beschuldigte zum Opfer fielen.

Es genügt zumeist ein Gerücht, das jemand in Umlauf bringt, weil er z.B. seine Schulden nicht zahlen kann, oder sich ungerecht von einem Lehrer behandelt fühlt - sobald das Wort Blasphemie gefallen ist, entgehen Menschen dem „gerechten Volkszorn“ oft nur, wenn sie von der Polizei in Haft genommen werden oder untertauchen.

Im November 2010 wurde eine Christin namens Asia Bibi unter dem Blasphemiegesetz zum Tode verurteilt, sie sitzt im Gefängnis. Auslöser war vermutlich ein Streit unter Nachbarinnen, doch das wird wohl nie ganz geklärt werden. Zwei Politiker Pakistans, Provinz-Gouverneur Taseer und Minderheitenminister Bhatti, die sich für Asia Bibi einsetzen wollten, bezahlten das binnen weniger Wochen mit ihrem Leben.

Rimsha Masih, ein Mädchen aus einer christlichen Familie, dessen Alter wohl unter 14 Jahre liegt und das von mehreren Quellen als geistig behindert bezeichnet wird, wurde verhaftet, weil sie einen Koran verbrannt haben soll; Rimsha wurde inzwischen wieder freigelassen. Doch Hunderte christliche Familien aus ihrer früheren Nachbarschaft befinden sich seither auf der Flucht, obwohl mittlerweile sogar ein Imam verhaftet wurde. Ein Mitarbeiter von ihm hatte beobachtet, dass er dem Mädchen das belastende Material untergeschoben haben soll.

Als die sogenannten Mohammed-Videos veröffentlicht wurden, löste das weltweit unter Muslimen Proteste aus, doch nirgends so heftige wie in Pakistan. Daraufhin kaufte die US-Regierung Sendezeit bei sieben TV-Anstalten in Pakistan, um sich von den Videos zu distanzieren - eine unerwartete Maßnahme.

Die heutige radikale Fassung des Blasphemieparagraphen entstand unter Diktator Zia ul-Haq. Momentan sind etwa hundert Verfahren anhängig. Eine Regierungskommission erhielt zwar vor fünf Jahren die Aufgabe, Reformvorschläge zum zu erarbeiten, doch Ergebnisse gibt es bislang keine.

Quelle: Spiegel

 

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Initiative gegen die Todesstrafe e.V. | www.initiative-gegen-die-todesstrafe.de

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