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05.07.2012 | Singapur: Jurist bei UN-Konsultationen zur Todesstrafe

M. Ravi, Anwalt aus Singapur, wurde zu den zweitägigen Konsultationen der Sonderberichterstatter zur Todesstrafe eingeladen, die letzte Woche an der Juristischen Fakultät von Harvard stattfanden. Die Ergebnisse der Konsultationen werden vor der UN-Generalversammlung im Oktober vorgestellt.

Ravi sprach vor den Fachleuten zu den einzelnen Themenbereichen über die Anwendung der Todesstrafe in seinem Land, und u.a. über den Fall des Todesstrafenhäftlings Yong Vui Kong in Singapur.

Organisiert wurde die Veranstaltung auf Initiative des UN-Berichterstatters für außergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen Christof Heyns und Juan Méndez, UN-Sonderberichterstatter über Folter und andere grausame, unmenschliche und erniedrigende Strafen oder Behandlung. Im wesentlichen ging es bei dem Treffen um die Untersuchung, inwieweit die Verhängung und Durchführung der Todesstrafe im Einklang mit internationalen Rechtsnormen steht und wo noch zusätzliche Schutzvorkehrungen zu treffen sind.

Im Vordergrund der Diskussionen stand dabei zum einen Artikel 6 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR), der vorsieht, dass die Todesstrafe eine außergewöhnliche Maßnahme ist, die nur für „die schwerwiegendsten Straftaten“ und nur nach einem ordnungsgemäßen Prozess verhängt werden darf. Im Laufe der letzten Jahrzehnte wurde eine Reihen von Maßnahmen zum Schutz der Menschenrechte getroffen, und unter den schlimmsten Straftaten werden nun zunehmend solche verstanden, bei denen Menschen getötet wurden. Die Maßnahmen sollen sicherstellen, dass die Todesstrafe nur bei vorsätzlichen Verbrechen mit tödlichem Ausgang, oder die gravierende Folgen hatten, verhängt werden darf.

Einige Länder, darunter Singapur, verurteilen Menschen wegen Drogenhandel zum Tode. In Singapur schreibt das Gesetz für bestimmte Delikte sogar zwingend die Verurteilung zum Tode vor, und Richtern sind die Hände gebunden bei der Frage, ob etwa strafmildernde Umstände vorliegen.

Als Grund für die meisten Hinrichtungen in Singapur und in Iran werden laut dem UN-Sonderberichterstatter Drogenvergehen angeführt, somit Straftaten, bei denen Vorsatz und Tötung nicht gegeben sind.

Auch die unterschiedlichen Formen der staatlichen Komplizität von Ländern ohne Todesstrafe bei der Durchführung der Todesstrafe - unter Umgehung von internationalen Schutzvorkehrungen - wurde beleuchtet. Zur Sprache gebracht wurde dabei der Austausch von Geheimdienstinformationen und die Ausweisung von Personen in Hoheitsgebiete, wo ihnen die Todesstrafe droht.

Ein weiterer Hauptpunkt der Gespräche war die Erörterung der Umstände, unter denen zum einen Hinrichtungsmethoden und zum anderen die Unterbringung im Todestrakt der Folter oder einer anderen Form grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung gleichkommen. Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen hat mehrfach darauf hingewiesen, dass besonders verabscheuungswürdige Methoden der Exekution, die körperliche und seelische Qualen mit sich bringen, eine grausame Strafe darstellen und somit gegen Artikel 7 des IPbpR verstoßen. Dazu gehört etwa die Hinrichtung durch Erhängen, die Singapur seit 1826 praktiziert.

Der UN-Menschenrechtsausschuss fordert in seinem General Comment Nr. 20, die Todesstrafe darf nur auf eine Weise durchgeführt werden, die „die geringstmöglichen körperlichen und seelischen Qualen“ mit sich bringt. Die Unterbringung in Einzelhaft im Todestrakt kann der Folter gleichkommen. Singapur hält immer noch an der veralteten Praxis der Einzelhaft fest, die möglicherweise bei der nächsten UN-Versammlung im Oktober 2012 Gegenstand einer Untersuchung wird.

Ravi brachte dem Sonderberichterstatter Heyns u.a. die Lage des zum Tode verurteilten Yong Vui Kong zu Gehör. Während Yong Vui Kong als Drogenkurier ein Todesurteil erhielt, wurde der eigentliche Drahtzieher lediglich in Sicherungshaft genommen, eine klare Ungleichbehandlung für Ravis Rechtsverständnis. Ravi bat die Vereinten Nationen darum, in Yongs Fall aktiv zu werden, Christof Heyns wollte sich der Sache annehmen.

Bei einer anderen Veranstaltung, die in Harvard stattfand, stellte Ravi ein Memorandum vor, das aufzeigt, wie Singapur und die Gerichtsurteile gegen das Völkerrecht verstießen. Er überreichte das Memorandum Herrn Orest Nowosad vom Büro der Hohen Kommissarin für Menschenrechte.

Yongs malaiische Anwälte werden in Kürze dieses Memorandum der Regierung von Malaysia überreichen, damit diese beim Internationalen Strafgerichtshof Beschwerde einlegt und so Yong davor schützt, unter Verstoß gegen internationales Recht unrechtmäßig hingerichtet zu werden.

Quelle: Publichouse.sg

 

 

Links:

publichouse.sg/categories/community/item/656-spores-death-penalty-practice-raised-at-un-consultation

Initiative gegen die Todesstrafe e.V. | www.initiative-gegen-die-todesstrafe.de

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