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15.06.2012 | USA/Tennessee: Gefängnispfarrer äußert Zweifel an Todesstrafe

Gefängnispfarrer Rev. Joseph Ingle, der im Todestrakt von Nashville, Tennessee, freiwilligen Dienst tat und inzwischen mehrere Bücher verfasst hat, beklagt die Anwendung der Todesstrafe in den USA.

Ingles letztes Buch “The Inferno: A Southern Morality Tale” behandelt den Fall Workman. Philip Workman betrat 1981 ein Fast-Food-Restaurant in Memphis, bedrohte die Angestellten mit einer Waffe und ließ sich das Geld aus der Kasse aushändigen. Als ihn kurz darauf Polizisten auf dem Parkplatz stellten, feuerte Workman. Ein Polizist verlor sein Leben und Workman wurde dafür zum Tode verurteilt und 2007 hingerichtet.

Nach dem Prozess gegen Workman 1982 ergaben jedoch kriminaltechnische Untersuchungen, dass die tödliche Kugel gar nicht aus Workmans Waffe abgegeben worden sein konnte, sie musste vielmehr aus der Waffe eines der anderen Polizisten stammen.

Ingle zeichnet in seinem Buch nach, was zwischen dem Schusswechsel und der Hinrichtung 26 Jahre später im einzelnen passierte. Der ganze Vorgang sei geradezu ein Alptraum, er mache deutlich, dass die Todesstrafe und das Justizwesen politischen Zwecken dienen.

Von 1974 bis 1983 leitete Ingle die Southern Coalition on Jails and Prisons, eine in mehreren Bundesstaaten aktive Organisation, die u.a. die Abschaffung der Todesstrafe fordert. Er hält die Todesstrafe für ein Thema, das in erster Linie den Süden der USA betrifft, wo seit 1977 über 93% der Hinrichtungen stattfanden und wo rassistische Diskriminierungen nach wie vor eine Rolle spielen: "Wenn man einen Weißen tötet, ist die Wahrscheinlichkeit, dafür hingerichtet zu werden elfmal höher, als wenn man einen Schwarzen umbringt." Ist man selbst schwarz und bringt einen Weißen um, sei ein Todesurteil sogar 22-mal wahrscheinlicher.

Ingles Fazit lautet, die Amerikaner sollten ihr Misstrauen der Regierung gegenüber besser auch auf das Thema Todesstrafe ausweiten. "Denken Sie mal darüber nach: Wir trauen dem Staat nicht über den Weg im Hinblick auf unsere Steuern und dann lassen wir ihn entscheiden, wer am Leben bleibt und wer sterben soll?"

Quelle: The Huntsville Times (Alabama)

 

Initiative gegen die Todesstrafe e.V. | www.initiative-gegen-die-todesstrafe.de

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