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23.01.2013 | Illinois: Ex-Gouverneur kommt in offenen Strafvollzug

Als George Ryan als Gouverneur von Illinois im Januar 2003 aus dem Amt schied, verfügte er noch eine Generalamnestie, bei der er sämtliche 167 zum Tode Verurteilten begnadigte. Nun soll der wegen Korruptionsvorwürfen verurteilte Ryan nach sechs Jahren Haft in den offenen Vollzug wechseln.

Nachdem Zweifel an der Anwendung der Todesstrafe aufgekommen waren, verhängte der Gouverneur ein Hinrichtungsmoratorium. Die dann in Auftrag gegebene Untersuchung zeigte, dass der Bundesstaat Illinois mindestens vier Häftlinge zu Unrecht verurteilt hatte - ihre Verurteilung ließ Ryan 2003 aufheben. Für alle anderen Todestraktinsassen wandelte er die Todesstrafe in lebenslange Haftstrafen um. Dies trug Ryan eine Nominierung für den Friedensnobelpreis ein, doch in den USA machte er sich damit nicht gerade viele Freunde.

Kurz nach Übergabe seines Amts wurden Vorwürfe gegen den vormals mächtigsten Mann im Bundesstaat laut, die letztendlich 2006 zu einem Schuldspruch wegen Korruption und Bestechlichkeit führten. Ryan soll sich insbesondere auch in einer früheren Funktion als Minister bereichert und Freunden lukrative Geschäfte zugeschanzt haben.

Seine Strafe verbüßte George Ryan im Bundesgefängnis von Terre Haute im Bundesstaat Indiana, das er 2011 viermal verlassen durfte, um seiner an Krebs erkrankten Frau beizustehen, sie verstarb im Sommer des gleichen Jahres in seinem Beisein.

Kommende Woche darf Ryan das Gefängnis verlassen, doch in der nächsten Zeit muss er sich in Chicago in einem Übergangswohnheim der Heilsarmee aufhalten.

Zum ersten Mal seit Jahren darf er dann wieder eigene Kleidung tragen, Geld und persönliche Gegenstände besitzen und sogar wieder ein Auto haben. Als Minister in Illinois lag das Ausstellen von Führerscheinen noch in seiner Verantwortung - nun darf er selbst wieder einen Führerschein beantragen.

Ryans ehemals engster Berater Scott Fawell kennt das Wohnheim bereits aus eigener Erfahrung. Er verbüßte vier Jahre im Zusammenhang mit den Ryan angelasteten Straftaten und kam zunächst ebenfalls ins Wohnheim der Heilsarmee in Chicago. "Es ist schmuddelig. Es ist düster. Es ist verdreckt. Es ist eine alte Anlage", beschrieb er es.

Voraussichtlich teile sich Ryan dort mit Schwerverbrechern das Zimmer, die übler sein dürften als alle Mithäftlinge, die er je im Bundesgefängnis antraf. "Einige von den Leuten, die mit einem im Zimmer sind, können durchaus ihre zwanzig, dreißig Jahre hinter Gittern verbracht haben; er ist da eine andere Liga gewöhnt", schätzt Fawell.

Der offene Vollzug bedeutet für Ryan unter anderem, wie jeder andere aus dem Knast entlassene Häftling einen Pflichtkurs zu absolvieren, der für alle Exsträflinge einheitlich ist, gleich ob sie dreißig Jahre oder drei Monate im Gefängnis waren. Sie müssen lernen, wie man ein Bankkonto eröffnet, einen Scheck ausstellt und einen Lebenslauf schreibt. Daran hat auch der ehemalige Gouverneur teilzunehmen.

Danach ist er wie jeder andere in der Übergangsphase verpflichtet, sich einen Job zu suchen, in dem er vierzig Wochenstunden arbeitet. Er hat sich morgens in der Unterkunft abzumelden und anzurufen, sobald er am Arbeitsplatz angekommen ist. Abends muss er spätestens um 19 Uhr zurück im Heilsarmee-Wohnheim sein. Laut Fawell muss jeder 25% seines Bruttolohns ans Wohnheim abliefern.

Mit viel Glück kann Ryan schon nach drei Wochen dran denken, in sein Zuhause in Kankakee zurückzukehren, doch auch dort unterliegt er weiterhin der Kontrolle der Gefängnisbehörde. Fawell zufolge ruft diese jede Nacht immer wieder an: "Sie melden sich zwischen halb neun und zehn, zwischen elf und eins und nochmals zwischen zwei und vier Uhr früh."

Doch zunächst muss jemand dem ehemaligen Gouverneur Anziehsachen bringen, mit denen er das Gefängnis von Terre Haute verlässt.

Quellen: Yahoo News, Death Penalty Information Center, GCADP

Initiative gegen die Todesstrafe e.V. | www.initiative-gegen-die-todesstrafe.de

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