08.08.2013 | Louisiana: Häftlingsklage wegen unzumutbarer Hitze
Im Todestrakt von Louisiana herrschen im Sommer unerträgliche Temperaturen, wogegen drei Häftlinge Klage einreichten. Nun muss ein Gericht in Baton Rouge entscheiden - am Montag war der erste Prozesstag.
Die Gefangenen tragen in ihrer Klage unter anderem vor, ihre bestehenden gesundheitlichen Vorbelastungen machten sie in besonderem Maße anfällig für Erkrankungen durch zu hohe Hitze, und die könnte in ihrem Fall auch tödlich sein.
In den Sommermonaten herrschten im Todestrakt der als 'Angola' bekannten Haftanstalt demnach Temperaturen, die gegen den Achten Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung verstoßen, der grausame und ungewöhnliche Bestrafung verbietet. Die Häftlinge fordern entsprechend dafür zu sorgen, dass die Innentemperaturen gesenkt werden.
Beklagte in der Sache sind das Amt für Öffentliche Sicherheit und Strafvollzug, und konkret benannt werden dessen Leiter James LeBlanc, der Gefängnisdirektor von Angola Burl Cain sowie Angela Norwood, die Leiterin des Todestrakts.
Angola erhielt 2006 neue Todestraktflure, in denen keine Klima- oder Lüftungsanlagen vorgesehen wurden und wo die Häftlinge 23 Stunden am Tag in ihren Zellen verbringen müssen.
Bereits Anfang Juli ordnete Richter Brian A. Jackson an, aussagekräftige Daten zu ermitteln und über einen Zeitraum von drei Wochen die Temperatur in den Etagen zu messen, wo die über 80 zum Tode Verurteilten untergebracht sind.
Genau in der gleichen Zeit jedoch bemühten sich Gefängnisbeamte auf einmal, durch verschiedene Maßnahmen die Werte möglichst nach unten zu regulieren. So wurde über den Fenstern ein Sonnenschutz montiert und die Außenwände mittels Wasserwerfern besprengt.
Richter Jackson zeigte sich am Montag äußerst befremdet angesichts dieser Maßnahmen, die gegen einen Gerichtsbeschluss verstießen, der besagte, während des Zeitraums der Datenerhebung sei alles so zu belassen wie immer, um die Werte nicht zu verfälschen.
Jackson geht davon aus, die Verantwortlichen hätten nicht nur rechtswidrig den Beschluss missachtet, sondern noch dazu "unlogisch" gehandelt, da sie nach ihren eigenen Aussagen gar nicht erwartet hätten, dass die Anstrengungen überhaupt greifen würden.
Entweder habe im Gefängnis jemand einfach nur erschreckend dumm gehandelt oder habe gar bewusst in die Datenerhebung hineinpfuschen wollen, so die Einschätzung Jacksons.
Bei der ersten Anhörung am Montag beschrieben zwei Häftlinge die gesundheitlichen Auswirkungen der "unbeschreiblichen" Hitze in den Zellen.
Einer der Kläger ist Nathaniel Code, 57 Jahre und seit 1991 im Todestrakt. "Es fühlt sich an, als ob ich brennen würde. Meistens versuche ich, so bewegungslos wie möglich zu verharren."
Code leidet unter Bluthochdruck, Hepatitis und hohen Cholesterinwerten. Er muss Medikamente nehmen, die seine Hitzeanfälligkeit verschärfen. Die eine heiße Dusche am Tag verstärke die Schweißabsonderung zusätzlich.
Der 60-jährige Elzie Ball, der seit 16 Jahren in Angola sitzt, sagte aus, der Arzt habe ihm prophezeit, dass er so früher oder später einen Infarkt erleiden werde.
Die Hitze lasse niemals nach und er schlafe in den heißesten Monaten oft auf dem Betonboden, weil der etwas weniger warm sei als sein Bett. Ball muss Medikamente gegen Diabetes mellitus Typ 2 und Bluthochdruck nehmen.
Die Anwältin des Amts für Öffentliche Sicherheit und Strafvollzug Jacqueline Wilson gab an, die Häftlinge hätten unbeschränkt Zugang zu Wasser und in begrenztem Umfang zu Eis und Duschen. Je zwei Zellen teilten sich darüber hinaus einen Ventilator.
Sie stellte im Kreuzverhör von Ball und Code heraus, die Klage stelle die erste Beschwerde der drei Insassen in schriftlicher Form dar, außerdem habe keiner von ihnen zuvor betont, sein jeweiliger Gesundheitszustand könne sich durch erhöhte Hitzewerte verschlimmern.
Die Aussage von Angela Norwood, der Leiterin des Todestrakts seit Februar 2011, war besonders aufschlussreich. Sie erklärte, sie habe frühere Forderungen der Häftlinge zurückgewiesen, sie vor der Hitze besser zu schützen, da bei keinem von ihnen Krankheitszustände auftraten, die im Zusammenhang mit zu großer Hitze standen.
"Wie es sich mir darstellte, war ihnen heiß und sie verlangten eine Klimaanlage", sagte sie. Im Vorjahr eingereichte Forderungen hätten keine gesundheitlichen Vorbelastungen erwähnt bzw. wie Hitze sich auf diese auswirke.
Auf Befragung fügte Norwood hinzu, sie habe die Häftlinge nach Eingang von deren Forderung auch nicht auf die "Hitzeschutz"-Liste von Insassen gesetzt, da schließlich keiner von ihnen Psychopharmaka einnehme.
Dies ist jedoch der Fall bei James Magee, dem dritten Klageführer, der zurzeit Antidepressiva nimmt.
Norwood gab an, von der Montage des Sonnenschutzes nichts gewusst zu haben und sei zwar informiert jedoch nicht zu Rate gezogen worden hinsichtlich der Befeuchtung der Außenwände, die letztendlich wegen zu geringem Wasserdruck ohnehin nichts gebracht habe. Diese Maßnahmen können ihr zufolge nur mit dem Einverständnis des Gefängnisdirektors Cain erfolgt sein. - Cain sagte am Montag nicht aus.
Norwood sagte, sie habe keine Bedenken gehabt, die Kühlungsmaßnahmen könnten sich negativ auf die Datenerhebung für das Gericht auswirken.
Ihre Aussage quittierte Richter Jackson mit völligem Unverständnis. Die Gerichtsvorgaben seien durch die Maßnahmen eindeutig unterlaufen worden. Er erinnerte Norwood, sie stehe noch unter Eid und ihre Angaben könnten unter Umständen weitreichende Folgen für den Fall haben, auch für Sanktionen gegen Gefängnisbeamte. Norwood wiederholte dennoch ihre diesbezügliche Aussage - sie habe keine Bedenken gehabt.
David Garon, ein Sachverständiger der Kläger, sagte gegen Ende des ersten Verhandlungstags, seine Tabellen zeigten, dass die Temperaturen durchgehend hoch waren und auch Nachts nicht unter rund 27 Grad sanken. In der Befragung antwortete er, er habe bereits rund 2000 Projekte unter die Lupe genommen. Auf die Nachfrage, in wie vielen davon Menschen ohne Klimaanlage auskommen mussten, sagte er: „In keinem.“
Quelle: NOLA.com
Initiative gegen die Todesstrafe e.V. | www.initiative-gegen-die-todesstrafe.de