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27.08.2013 | Texas: Hinrichtungsfähig? Geisteskrank?

Bereits zum zweiten Mal in den letzten zehn Jahren entschied jetzt der 5th Circuit Court of Appeals, ein Berufungsgericht, Scott Panetti sei hinreichend gesund, exekutiert zu werden.

Scott Panetti wurde für die Ermordung seiner Schwiegereltern zum Tode verurteilt. Wenigstens elfmal war er vor dem Doppelmord im September 1992 stationär in Kliniken untergebracht. Der letzte Aufenthalt endete lediglich zwei Monate vor der Tat.

Als Panetti sich noch am gleichen Tag der Polizei stellte, erklärte er den Ermittlern, "Sarge" habe die Verbrechen begangen - eine Persönlichkeit, die in seinen akustischen Halluzinationen immer wieder auftauchte.

Panetti stand unter Medikamenteneinfluss, als er für prozessfähig erklärt wurde. Während des Verfahrens hingegen nahm er keine Medikamente mehr, und er bestand darauf, sich selbst zu verteidigen - Richter Stephen Ables ließ dies zu.

Im Gerichtssaal trug Scott Panetti einen violetten Cowboyanzug, und für seinen Prozess wollte er Hunderte von Zeugen vorladen lassen, darunter Jesus Christus und Anne Bancroft.
Trotz seines Gebarens und absurden Auftretens wurde er 1995 schuldig gesprochen.

Seither ist sein Fall immer wieder beleuchtet worden und landete sogar zweimal beim Obersten US-Gerichtshof. Es geht unter anderem darum, ob Panetti überhaupt begreift, warum er hingerichtet werden soll.

Panetti bestätigte mehrfach, er wisse, dass der Bundesstaat ihn wegen Mordes töten wolle. Doch er glaube, es sei eine List, man wolle ein teuflisches Komplott gegen ihn vertuschen, um ihn davon abzuhalten, das Evangelium zu verkünden.

Im Jahr 2004 entschied Richter Sam Sparks vom District Court, Panetti sei sicherlich schwer psychisch gestört, nichtsdestotrotz sei es unwahrscheinlich, dass dies für den 5th Circuit Court von Belang sei. Dem komme es nur darauf an, dass Panetti grundsätzlich die Kausalität zwischen der Hinrichtung und seiner Tat versteht ("a basic understanding"), damit dem Achten Zusatzartikel Genüge getan ist.

Das Berufungsgericht hat letztlich auch genau so entschieden, allerdings revidierte der Oberste Gerichtshof der USA dies später wieder, da er die Ausschlusskriterien des Gerichts für zu vage hielt.

Die Angelegenheit ging daraufhin an Richter Sparks zurück. Dieses Mal floss auch der Inhalt "heimlicher" Gesprächsmitschnitte zwischen Panetti und seinen Familienmitgliedern ein, der erkennen ließ, dass Panetti sehr wohl ein komplexes Verständnis seines Falls besitze. Zwar sei er immer noch ernstlich krank, doch wahrscheinlich gesund genug, hingerichtet zu werden.

Wieder bestätigte das Berufungsgericht die Entscheidung Sparks. Es verfügte des weiteren, dass Panetti hinreichend Zugang zu medizinischen Experten gewährt worden sei, seinen Fall zu vertreten. Die Forderung, Ables hätte darauf bestehen müssen, dass der Angeklagte entgegen seinem Wunsch vor Gericht von einem Rechtsbeistand vertreten werde, sei unbegründet.

Ob und wann Panetti tatsächlich hingerichtet wird, ist ungewiss. Vielleicht wird in naher Zukunft ein anderer Maßstab angelegt, und wer heute noch als Simulant gilt, könnte dann vielleicht als geisteskrank eingestuft werden.

Quelle: Austin Chronicle

Initiative gegen die Todesstrafe e.V. | www.initiative-gegen-die-todesstrafe.de

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