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12.05.2016 | Kalifornien: Anfangskosten zur Beschaffung der Hinrichtungsdrogen würden 500.000 Dollar kosten

In Kalifornien intensivieren sich weiterhin die kritischen Diskussionen um eine mögliche Wiederaufnahme von Hinrichtungen sowie um das neue Exekutionsprotokoll. Zusätzliches Aufsehen erregten Einblicke in interne Dokumente der Gefängnisbehörde: Rund 500.000 Dollar sollen allein die Beschaffungskosten für die ersten Exekutionsmittel betragen.

Ob in Kalifornien nach einem über 10 jährigen Hiatus die Hinrichtungen wieder aufgenommen werden, steht weiterhin offen. Sollte dies der Fall sein, ständen 18 der insgesamt über 750 zum Tode Verurteilten die Hinrichtungen bevor, da diese ihre Berufungsmöglichkeiten vollständig ausgeschöpft haben.

Der Einsatz und die Beschaffung der entsprechenden Hinrichtungsmedikamente sind wie in anderen US Bundesstaaten auch in Kalifornien ein kritischer Faktor und Streitpunkt. Im November letzten Jahres hatte das California Department of Corrections and Rehabilitation (CDCR; Strafvollzugsbehörde) das Hinrichtungsprotokoll geändert (mehr hierzu in unseren Nachrichten vom 20. Januar 2016) , welches anstelle der umstrittenen Verabreichung dreier verschiedener Substanzen nun nur noch die Injektion einer einzigen Substanz vorsieht. Eingesetzt werden dürften hiernach die Wirkstoffe Amobarbital, Secobarbital, Pentobarbital oder Thiopental. 

Unter heftiger Kritik stehen vor Allem die beiden Wirkstoffe Amobarbital und Secobarbital, da diese noch nie zuvor zu Exekutionszwecken eingesetzt wurden und entsprechend den kritischen Stimmen als ein "menschliches Experiment" mit unabsehbaren und möglicherweise sehr qualvollen Folgen angesehen wird. Amobarbital galt zuvor als "Wahrheitsdroge" und erzeugt hypnotische wie auch sedative Effekte. Der tödliche Wirkstoffe Secobarbital wurde zuvor nur auf orale Weise verabreicht, inwiefern dies auf intravenöse Weise durchführbar wäre, wird daher zusätzlich kritisch hinterfragt.

Neben der berechtigt hohen Fragwürdigkeit, ob die Wirkstoffe nicht zu erneut inhumanen und qualvollen Hinrichtung führen könnten, stellt sich die zusätzliche Frage der Beschaffung. Wie auch in anderen US Staaten, ist die Beschaffungsproblematik der Medikamente zu einem extrem kritischen Faktor und Streitpunkt geworden.

Pharmaunternehmen weigern sich auch in Kalifornien, die Hinrichtungsdrogen zu liefern, Gefängnisbehörden verschweigen ihre Quellen. Erfolgreich konnten nun interne Dokumente der kalifornischen Gefängnisbehörde ans Licht gebracht werden. Denen zu Folge liegt ein Lieferangebot für das bereits in anderen US Bundesstaaten eingesetzte Hinrichtungsmedikament Pentobarbital vor: Unter der Bedingung, dass das Unternehmen öffentlich nicht genannt werden würde, würde es für mehr als 500.000 Dollar die erforderliche Menge Pentobarbital für die 18 Insassen liefern. 324 Gramm wären hierfür notwendig. Ein kritisches Unterfangen, bedenkt man auch die möglichen zeitlichen Verzögerungen zwischen verschiedener Hinrichtungen und die Halbwertszeit des Wirkstoffes. 

Ursprünglich hatte das CDCR entsprechend der früheren Beschaffungskosten die Ausgaben für eine einzelne Hinrichtungsdosis mit lediglich 4.193 Dollar einkalkuliert, womit sich die Medikamentenbeschaffungskosten für 18 Hinrichtungen auf unter 100.000 Dollar (im Falle von 18 Hinrichtungen) belaufen sollten.

Kaliforniens Strafvollzugsbehörde hatte sich geweigert, hierzu interne Dokumente preiszugeben, welche die American Civil Liberties Union (ACLU) bereits im vergangenen Jahr angefordert hatte. Erfolgreich hatte die ACLU diesbezüglich geklagt und einen Beschluss des Obersten Gerichts Kaliforniens erreicht, demzufolge die Gefängnisbehörde zur Offenlegung der Dokumente, unter denen sich auch das Angebot des Pharmaunternehmens befunden haben sollen, verpflichtet.

Befürworter einer erneuten und zeitnahen Wiederaufnahme von Exekutionen werfen den Gegnern vor, die gesetzliche Verabschiedung durch diese erneuten Klagen gegen das Exekutionsprotokoll weiter herauszuzögern. Auch gäbe es angeblich günstigere Beschaffungsmöglichkeiten, so Michael Rushford, Präsident und Geschäftsführer der "pro-Todesstrafe" eingestellten Criminal Justice Legal Foundation.

Offen daher bleibt weiterhin, ob durch die anstehenden Wahlen eine gesetzliche Änderung Hinrichtungen insgesamt zur Vergangenheit werden lassen könnten, aber auch ob das Hinrichtungsprotokoll überhaupt umsetzungsfähig und rechtmäßig ist - selbst wenn sich Wähler und Politiker erneut für die Aufrechterhaltung der Todesstrafe in Kalifornien entscheiden würden.

Quellen und weitere Informationen:

"The drugs to execute criminals could cost hundreds of thousands of Dollar (...)", LA Times vom 12. Mai 2016; "California looking at single drug execution method"; LA daily news vom 20. Januar 2016; " ACLU wins access to 12,000 pages of internal prison documents on California's plans for lethal injection ", LA Times vom 7. Mai 2016; "California death penalty: New execution method under scrutiny", Mercury News vom 20. Januar 2016.

Initiative gegen die Todesstrafe e.V. | www.initiative-gegen-die-todesstrafe.de

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