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17.07.2016 | Türkei: Regierung zieht nach Putschversuch in Betracht, die Todesstrafe wieder einzuführen

Nur einen Tag nach dem Putschversuch in der Türkei, bei dem über 250 Menschen ums Leben kamen, kündigte der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim an, die Todesstrafe könne wieder eingeführt werden, um damit möglichen weiteren Putschversuchen entgegenzuwirken.

Die Reaktionen auf den Putschversuch letzten Freitag in der Türkei, bei dem nach aktuellen Angaben über 250 Menschen ums Leben kamen, überschlagen sich seitens der Medienberichte als auch der Öffentlichkeit, Bevölkerung und insbesondere der türkischen Regierung.

Während einige Stimme bereits hinterfragen, ob es sich um einen tatsächlichen oder aber selbst inszenierten Putschversuch handelte, zögert die türkische Regierung nicht mit konkreten Maßnahmen: Innerhalb nur eines Tages wurden über 3000 Richter entlassen, fünf Mitgliedern des Hohen Rates in der Hauptstadt Ankara des Amtes entledigt und zehn Mitglieder des Staatsrates festgenommen.

Während Präsident Erdogan erklärt, die Situation sei inzwischen unter Kontrolle, zersplittert die Regierung zugleich das Justizsystem einschließlich des Verfassungsgerichts durch die Festnahmen und Entlassungen der juristischen Entscheidungsträger und Kontrollorgane. Ministerpräsident Binali Yildirim kündigte in Folge der Ereignisse zudem an, die Todesstrafe durch entsprechend notwendige Gesetzesänderungen wieder einzuführen. Diese würde, so die Aussage Yildrims, weiteren potentiellen Putschversuchen entgegenwirken. Präsident Tayyip Erdogan bestätigte öffentlich, dass die Todesstrafe im Parlament neu diskutiert werden würde, um gegen die Rebellen vorzugehen. 

Hintergrundinformationen zur Todesstrafe in der Türkei:

Die letzte offizielle Hinrichtung in der Türkei fand im Jahr 1984 durch Erhängen statt: Hidir Aslan war zuvor wegen des Mordes an drei Polizisten schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt worden. Die drei Polizisten waren durch von ihm gelegte Panzerfallen im Rahmen des Militärputsches im Jahr 1980 ums Leben gekommen. Nach dem Putsch 1980 waren über 500 Putschisten zum Tode verurteilt worden, 48 Urteile davon sind bis zum Jahr 1984 vollstreckt worden.

Im Jahr 2001 stimmte die Mehrheit des türkischen Parlaments der Abschaffung der Todesstrafe zu, um durch die Verfassungsänderungen die Aufnahmebdingungen der Europäischen Union zu erfüllen. Die türkische Regierung behielt sich zunächst vor, die Todesstrafe in Zeiten des Krieges als auch für terroristische Straftaten beizubehalten. Im August 2002 stimmte das türkische Parlament jedoch aufgrund des Drucks der Europäischen Union der vollständigen Abschaffung der Todesstrafe zu. Die Todesstrafe für terroristische Straftäter wurde durch lebenslänglichen Freiheitsstrafen ersetzt. Im Jahr 2004 wurde die Todesstrafe in der Türkei per Gesetz vollständig abgeschafft, womit die Voraussetzungen zum Eintritt in die Europäische Union erfüllt waren.

Quellen und weitere Informationen:

"Prediger Gülen vermutet "inszenierten Putschversuch", Die Welt vom 16. Juli 2016; "Erdogan bringt Todesstrafe ins Spiel", ntv vom 16. Juli 2016; "Execution call on rebels", The New Daily vom 17. Juli 2016.

Initiative gegen die Todesstrafe e.V. | www.initiative-gegen-die-todesstrafe.de

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