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21.02.2017 | USA: Midazolam und der Hintergrund verpfuschter Hinrichtungen

Von vermeintlich verpfuschten Hinrichtungen in Oklahoma und Alabama bis hin zu einer geteilten Entscheidung seitens des Obersten US-Gerichtshofes - ein Sedativum zeigt, wie unsicher die Amerikaner bei dem Thema Todesstrafe sind

Für Mediziner ist Midazolam (in Deutschland ist da Medikament unter dem Handelsnamen Dormicum® erhältlich) nicht mehr wegzudenken. Es gehört zur Gruppe der Benzodiazepine und wird allgemein u.a. zur Narkoseeinleitung und -aufrechterhaltung verwendet, ebenso zur Sedierung bei verschiedenen diagnostischen Eingriffen.

In den vergangenen vier Jahren allerdings wurde Midazolam in Alabama wie auch vier weiteren Bundesstaaten auch für Hinrichtungen verwendet, mit einer Dosis von 100 mg bis zu 500 mg (im medizinischen Bereich liegt die Dosis bei ca. 0,2 - 0,25 mg/kg). Es sollte als Sedativum dafür sorgen, dass die nachfolgend entstehenden Schmerzen durch die Gabe weiterer Medikamente (zum Paralysieren des Insassen und zum Stoppen des Herzens) verdeckt werden.

Dr. David A. Lubarsky ist Vorsitzender der Abteilungen für Anästhesiologie, perioperativer Medizin und Schmerzmanagement an der Universität in Miami. Midazolam sei geeignet, um Angst zu minimieren, aber keinesfalls als alleiniges Medikament für eine Anästhesie. „Es kann als Sedativum für kleinere medizinische Eingriffe genutzt werden, aber nicht für eine Operation oder eine Hinrichtung“, so Lubarsky.

Midazolam könne Empfindungen nicht so weit unterdrücken, dass eine OP vorgenommen werden könnte. Selbst bei einer Koloskopie würde ein weiteres Medikament benötigt, um den Patienten vollkommen „auszuknocken“. Lubarsky fügte ebenfalls noch hinzu, dass, wenn der Patient sich noch bewege, keinesfalls eine tiefe Bewußtlosigkeit vorliege.
Ein Insasse kann mit Midazolam in Schlaf versetzt werden, aber ein sehr lauter Ton, ein Adrenalinstoß wie auch Schmerz könnten ein Aufwachen verursachen.
Niemand würde bei einem starken Schmerzreiz weiterschlafen, weshalb Midazolam auf keinen Fall als alleiniges Medikament für die Einleitung einer Hinrichtung verwendet werden dürfe, so Lubarsky weiter.

Dr. Lubarsky diente als Sachverständiger in verschiedenen Klagen seitens der Insassen gegen die Verwendung von Midazolam bei Hinrichtungen.

Aktuell wies der Obersten US-Gerichtshof eine Klage zurück, die sich auf Alabamas Giftinjektionsmethode bezog.

Quelle mit ausführlichem Bericht und weiterführenden Informationen:

http://www.al.com/news/birmingham/index.ssf/2017/02/midazolam_from_colonoscopies_t.html
(19.02.2017, Kent Faulk)

Initiative gegen die Todesstrafe e.V. | www.initiative-gegen-die-todesstrafe.de

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